In-a-gadda-da-vida. Das war der Sound der Jugendzentren. Als diese noch
selbstverwaltet waren. Besonders angesagt war es, im Parka auf dem Boden zu sitzen,
Vanille-Tee zu trinken und die Ohren mit dem Sound von Iron Butterfly voll laufen
zu lassen. Irgendwann wurde das allerdings schrecklich unmodern. Das Herumsitzen
auf den Böden von Jugendzentren ebenso wie der rund eine Viertel Stunde lange
Song In-a-gadda-da-vida. In der Plattensammlung steht die Scheibe
seit Jahren ganz weit hinten. Ungehört. Abgeschlossene Vergangenheit. Habe
ich gedacht. Bis ich mich vor einigen Tagen in einen Einswarder Keller verirre,
in dem jemand die Zeitschraube zurückgedreht hat. Das kommt gut. Was für
ein Sound. Die Beine bekommen ungeahnten Schwung. Hoppla, plötzlich stehe
ich irgendwo zwischen den späten 60er und den frühen 70er Jahren. Cool.
Auch ohne Parka.
Urgestein
Die alten Herren sind wieder da. Sie sind inzwischen noch ein wenig älter
geworden. Und auch noch ein bisschen besser. Old Age war von 1988 bis 1997 für
die Nordenhamer Rockszene so etwas wie die Rolling Stones für den Rest der
Welt. Man wusste, wo dran man war. Sie spielten die Musik von früher immer
noch mit dem Drive von früher und nicht wie eine peinliche Stadtfest-Combo,
bei der die Gitarrenriffs längst Bärte tragen.
Old Age ist tot. Es lebe Mad Gringo & The Blind Buffalos. Das ist die Hälfte
von Old Age mit Verstärkung. Mad Gringo heißt im richtigen Leben Ingo
Henke und saß schon hinterm Schlagzeug, als die Rockmusik in der Wesermarsch
laufen lernte. Er trommelte bei Euphrat und Henkes Organisation und ist Gründungsmitglied
von Bad Habit. Sein Schlagzeug ist so groß, dass es kaum in eine Garage
passt. Ich bastele gerne ein ein wenig daran, sagt der Ingenieur im
Ruhestand und schraubt an einem Becken.
Andreas Damröse hat auch ganz schön etwas zu schleppen, wenn sein Instrument
mal den Übungsraum verlassen muss. Mindestens drei starke Männer sind
nötig, um seine Orgel zu bewegen. Hammond B 3, Baujahr 1959. Schon der Name
ist für den Kenner Musik.
Spaß-Prinzip
Zwei, drei, vier. Mad Gringo gibt den Takt vor für White Room
von Cream. Sänger Helmut Dietrich erwischt auch die hohen Töne ohne
Anstrengung. Jochen Laarmann zupft seinen Bass, als würde er nie etwas anderes
machen, und Andreas Plump jagt über die Saiten seiner Gitarre, wie es in
Nordenham nicht viele können.
Früher hat man diese Musik mal Progressive Rock genannt. Den Begriff findet
man heute eigentlich nur noch im Lexikon. Helmut Dietrich sagt es so: Wir
spielen, was uns Spaß macht. Das ist der Sound, als die Rockmusik
aus den Fugen des Rhythm & Blues geriet, als sich jeder Musiker an seinem
Instrument ausleben durfte.
Und wenn ein Schuss Blues dabei ist, umso besser. Zum Programm von Mad Gringos
& The Blind Buffalos gehören Stücke von Cream, Iron Butterfly, Pink
Floyd, Jimi Hendrix, Rare Earth, Walter Trout, aber auch der eine oder andere
Song fürs Herz, wie Imagine von John Lennon.
Imagine
Imagine Stell Dir vor, Du bist erwachsen und spielst immer noch die Musik
aus der Zeit, die Dir am besten gefallen hat. The Blind Buffalos erfüllen
sich diesen Wunsch. Was irgend jemand anderes dazu sagt, ist ihnen eigentlich
egal. Und doch ist schon klar, dass die Band ähnlich populär sein wird
wie Old Age. Wer lässt sich nicht gerne auf eine musikalische Zeitreise in
die eigene Jugend mitnehmen.
Apropos Jugend. Die Blind Buffalos werden ihre halböffentliche Premiere im
Mai geben, bei einem 90. Geburtstag. Sänger Helmut Dietrich und seine Frau
Anke feiern nicht nur zusammen, sie haben auch die Jahre zusammengezählt.
Bestimmt werden sie da In-a-gadda-da-vida von Iron Butterfly spielen.
Ich habe die Platte übrigens gefunden. Sie steht mittlerweile weit vorne
im Regal. Zumindest für eine gewisse Zeit wird das auch so bleiben.