KZW, 23.12.02

Partyspaß im Lichtgewitter

Golden Erection lassen die Jahnhalle beben

Von Detlef Glückselig

Wer es nicht längst wusste, der erfuhr spätestens bei Einbruch der Dunkelheit, dass in der Jahnhalle am Samstagabend ein besonderes Ereignis anstand. Batterien von Scheinwerfern tauchten die Fassade des Kulturzentrums in orangefabenes Licht. Drinnen lösten Golden Erection das Versprechen ein, das sie mit dem Budenzauber draußen gegeben hatte – sie lieferten ein Konzert der Spitzenklasse. Ein Skybeamer jagt lange Lichtfinger in den nebligen Nachthimmel. Die Jahnhalle sticht mit ihrer angestrahlten Fassade jede Weihnachtsbeleuchtung aus. Doch die Lichtspielereien vor dem Kulturzentrum sind nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was die rund 300 Fans im Saal erwartet. Golden Erection haben sich mächtig ins Zeug gelegt. Eine derart gewaltige Lichtshow hat schon lange niemand mehr in der Jahnhalle aufgefahren. Ein wenig dick aufgetragen für eine Nordenhamer Band? Keine Spur. Das aufwendige Licht war nur die konsequente optische Umsetzung der musikalischen Fähigkeiten von Golden Erection. Anders ausgedrückt: Wer in der Profiliga spielt, darf sich auch professionell in Szene setzen lassen. Und davon versteht die Formation eine ganze Menge. Zu allererst ist Golden Erection eine Band, die tierisch viel Spaß macht. Das Publikum in der Jahnhalle, überwiegend aus jüngeren Semestern bestehend, feierte eine riesengroße Party. Nebenbei konnte man aber einmal mehr auch nur mit herunter geklappter Kinnlade staunen über den ungeheueren Ideenreichtum, mit dem die Band ihre Stücke arrangiert. Passt nicht gibt‘s nicht Da schleicht sich in einen entspannt groovenden Bob-Marley-Reggae urplötzlich ein Schnippsel brettharter Gangsta-Rap, purzeln völlig überraschende Tempi-Wechsel aus den Boxen. Und ein paar Takte später dürfen Corvin Bahn und Niklas Turmann auch schon in einer kurzen Passage lupenreinen Progressive-Rocks schwelgen. Verblüffend. Vielleicht ist es das Geheimnis von Golden Erection, dass sie eigentlich eine extrem inhomogene Band sind. Pasquale Schulz und sein Bruder Marvin, die Reinkarnation des Afro-Looks, sind die perfekten Typen fürs Rampenlicht. Große Klappe, große Posen – solche Frontmänner muss eine Band haben. Auf der anderen Seite Corvin Bahn und Niklas Turmann, die musikalischen Grübler; Dennis Eickermann, der am Bass mit freiem Oberkörper alles gibt; Delf Schewe am Schlagzeug, der sich ganz in den Dienst der Sache stellt; und schließlich Neuzugang Julia Turmann, deren glasklare Stimme mit HipHop, Reggea und Crossover so wenig zu tun hat wie ein Seidenschal mit einer abgesägten Schrotflinte. Zusammen passt das alles so perfekt, weil es eben eigentlich überhaupt nicht passt. Viele neue Titel haben Golden Erection im Programm und einen ganzen Haufen Stücke, mit denen sie schon beim jüngsten Stadtfest abgeräumt hatten. Sind das nicht die Akkorde von „Long train running“? Klasse umgepolt zu einer HipHop-Nummer. Maceo Parker kommt zu Ehren und groovt ohne Ende. Lenny Kravitz und 10 cc dürfen nicht fehlen, Busta Rhymes ebenfalls nicht, logisch. Und Ja-mes Browns unverwüstliche „Sex machine“ kommt so prickelnd daher, wie es ihr Schöpfer seit Jahren nicht mehr auf die Reihe bringt: „Shake your moneymaker“ – klar, Marvin zeigt den Jungs, wie‘s geht. Die goldene Erektion hält zweieinhalb Stunden an. Die Fans wollen mehr. „Mehr haben wir nicht“, sagt Pasquale Schulz nach dem zweiten Zugabenblock. Kein Pro-blem. Zweieinhalb Stunden Spaß vom Allerfeinsten reichen schließlich vollkommen aus.