KZW,13.12.2004

Gehört zur Stadt wie Rum zum Grog
15 Jahre Prime Time: Ein extrem guter Grund zum Feiern
Von Detlef Glückselig

Junge, Junge, war das eine Nacht! Tommy verreißt einen Witz. Fete sing „Rote Lippen“. Mitternacht ist eine Weile her, und Prime Time haben längst auf ganzer Linie gewonnen. „Music is my first love“ – darf's ein bisschen Gänsehaut sein? Klar, einer geht noch. Als der letzte Akkord verklingt, heißt Schluss noch nicht vorbei. Gut, dass in der Garderobe ein Klavier steht.
15 Jahre Prime Time, das ist nicht einfach eine Hausnummer, nicht nur irgendeine runde Zahl. 15 Jahre Prime Time sind ein extrem guter Grund zum Feiern – extrem gut deshalb, weil es um 15 bedeutende Jahre Nordenhamer Rockgeschichte geht, weil jeder persönlich vielleicht ganz besondere Erinnerungen mit Prime Time verbindet, weil da einfach eine verdammt gute Band auf der Bühne steht, die zudem zu Nordenham gehört wie der Rum in den Grog. Es würde wohl auch ohne gehen. Aber wer will schon heißes Wasser trinken?Wenn sich das Geburtstagskind selbst zelebriert, ist das in aller Regel eher peinlich. In diesem Fall war es nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht – von so vielen Menschen, dass es knallvoll wurde am Sonnabend in der Jahnhalle. Da dürfte manch einer die Weihnachtsfeier Weihnachtsfeier sein gelassen und sich nachträglich dazu selbst beglückwünscht haben. Zur Weihnachtsfeier zu gehen, hätte nämlich bedeutet, einen dieser raren und ganz besonderen Abende in dem Kulturzentrum zu verpassen, einen dieser Abende, an denen man tausend Leute trifft und fatalerweise mit jedem ein Bier trinkt, an denen man nicht auf die Uhr guckt, sich irgendwann nicht mehr wundert, wenn sich vor dem Spiegel im Herrenklo eine Dame die Frisur richtet, sich statt dessen lieber fragt, warum „Africa“ wie Toto klingt, obwohl Toto gar nicht auf der Bühne stehen.
Alleskönner
Das Besondere an Prime Time ist, dass sie alles können – von hart bis soft, von rockig bis poppig, vom pompösen US-Mainstream bis zum schweißtreibenden Funk. Das Geheimnis? Diana Schmidt und Tommy Maréchal sind einfach mit herausragenden Stimmen gesegnet. Und der gesamte Rest funktioniert schlichtweg perfekt. Auch mit Gästen. Von denen tummelten sich reichlich auf der Bühne: Fenja Münzberger, Sonka Lübken und Jörg Lübken als kerniger Bläsersatz, Helmut Dietrich bei den Beatles-Nummern als Unterstützung an der Gesangsfront, Ex-Prime-Timer René Maréchal an der Gitarre und als Sänger (unter anderem bei dem Rainbow-Kracher „Long live Rock'n'Roll“), Tim Frühstück an den Keyboards, Michael Stuck am Saxofon – da war dann auf einmal die halbe Nordenhamer Musikszene vertreten und brachte Farbe ins Spiel. Die war auch durch die Zusammenstellung des Repertoires gewährleistet. Viel Neues war dabei, viel Spannendes, vieles, was die Band eigens für diesen Abend einstudiert oder aus der Mottenkiste der eigenen Historie gebuddelt und für den besonderen Anlass noch einmal aufpoliert hatte.Vier Stunden dauerte alleine das Programm von Prime Time. Davor hatte bereits die von Fete Eilers gecoachte Nachwuchsband Inflame dem Publikum eingeheizt, und zwar mit mächtig Dampf, großem Können und viel Selbstbewusstsein; alle Achtung, von den Jungs wird man sicherlich noch einiges hören. Als Prime Time sich schließlich mit der John-Miles-Hymne „Music“ endgültig von einem rundum glücklichen Publikum verabschiedete, ging es auf 1 Uhr zu. Zeit nach Hause zu gehen? Nicht für alle. Im Garderobenraum der Jahnhalle steht ein Klavier. Und da es nun mal Musiker waren, die hier Geburtstag feierten, eine Gitarre und ein Saxofon schnell zur Hand und die verbliebenen Gäste zum Singen nur allzu bereit waren, wurde es noch ein sehr langer, sehr bemerkenswerter Abend.