KZW, 26.4.05

Harte Marillion-Nuss locker geknackt
Green Lavender feiern in Charlys Kneipe ein gelungenes Debüt – „Missplaced Childhood“ bildet den Höhepunkt
Von Detlef Glückselig
Wer hätte gedacht, dass es in Nordenham noch so viele Marillion-Fans gibt. Gemeint sind nicht Leute, die „Kayleigh“ mitsummen können. Nein, es geht um die echten Fans, die 20 Jahre nach der Veröffentlichung von „Missplaced Childhood“ noch jede Textzeile drauf haben. Sie alle waren im siebten Himmel, als jetzt in Charlys Kneipe Green Lavender ihr Debüt gaben.
Ein ausverkauftes Konzert im „Charly‘s“ – das gab‘s lange nicht mehr. Green Lavender schafften das Kunststück, trotz der Konkurrenz durch Mayqueen, die parallel in der Jahnhalle spielten. Abendkasse? Keine Chance. Schon zwei Wochen vor dem Konzert war die letzte Karte über den Ladentisch gegangen.
Eine Menge Vorschusslorbeeren also, die die neue Band vor allem dem Bekanntheitsgrad ihrer Musiker zu verdanken haben dürfte: Green Lavender bestehen aus dem Sänger Wolfgang Röße, dem Keyboarder Andreas Damröse, dem Bassist Stefan Scatulla, Andreas Plump an der Gitarre und Andreas Frey am Schlagzeug. Sie alle haben wichtige Kapitel Nordenhamer Rock-Geschichte mitgeschrieben – und nun ein neues eröffnet.
Dass die Vorschusslorbeeren gerechtfertigt waren, daran ließen Green Lavender von Beginn ihres Konzerts an keinen Zweifel. Progressive-Rock stand auf dem Programm, angereichert durch das eine oder andere Schmankerl. Manfred Mann‘s Earthband, Eric Clapton, Moody Blues, Genesis und ein erster Vorgeschmack auf Marillion, der Titel „Easter“ nämlich, bestimmten das erste Set.Schlagzeuger Andreas Frey und Bassist Stefan Scatulla, „hauptberuflich“ Gitarrist bei den Ballroom Bonds, sorgten für das Fundament, auf dem Andreas Damröse an den Keyboards und Andreas Plump an der Gitarre – bekannt unter anderem von der EAL – die Akzente setzen konnten. Derweil empfahl sich Wolfgang Röße als ein toller Sänger, der in nahezu jedem Stil zu Hause ist.
Schon jetzt war die Stimmung bestens im „Charly‘s“. Dabei sollte der eigentlich Höhepunkt noch folgen. Für das zweite Set hatten sich Green Lavender das komplette „Missplaced Childhood“-Album von Marillion und damit eine verdammt harte Nuss vorgenommen.
Dicht am Original
Das Ergebnis war verblüffend. Von den Keyboard-Sounds bis hin zu den epischen Gitarren-Passagen stimmte alles. Vor allem aber klappte den Fans die Kinnlade angesichts der Stimme von Wolfgang Röße herunter, der dem früheren Marillion-Sänger Fish so nahe kam, wie es überhaupt nur möglich ist. Wer Marillion covern will und niemanden hat, der wie Fish singt, kann den Plan gleich vergessen. Green Lavender haben Wolfgang Röße. Und das ist ein Pfund, mit dem die Band unbedingt wuchern sollte.In den Reihen des Quintetts gibt es auch bereits Überlegungen, sich voll und ganz auf das Marillion-Repertoire zu konzentrieren. Man darf also gespannt sein, wie es mit Green Lavender weitergeht.Die Premiere im „Charly‘s“ kann die Band auf alle Fälle als einen vollen Erfolg verbuchen. Mit Peter Gabriels „Red Rain“ verabschiedeten sich Green Lavender von der Bühne. Aber nicht aus der Kneipe. Erst mussten die Musiker noch die vielen Hände all derer schütteln, die ihnen zum gelungenen Debüt gratulieren wollten.

Von dem Abend gibt es Fotos in der Galerie