KZW, 27.3.06
Vier-Stunden-Ausflug in die Jugend EAL lässt mit
Beat-Club-Night 400 Jahnhallen-Besucher außer Rand und Band geraten
Von Detlef Glückselig
Sie, die diese Beat-Musik vielleicht nicht mögen, bitten wir um
Verständnis, pflegte in den 60er Jahren ein Fernsehansager
Typ Muttis Liebling die Sendung Beat Club anzukündigen.
In der Jahnhalle gab es am Freitagabend unter Garantie niemanden, der diese
Beat-Musik nicht mochte. Die Erste Allgemeine Lehrerband zog alle Register.Andreas
Plump hat in seinem Leben schon viele Konzerte gegeben. Doch so viel Spaß
wie an diesem Abend habe es ihm noch nie gemacht, bekannte der Leadgitarrist
der EAL, als die Schlacht geschlagen war. Wenige Minuten zuvor hatte kaltes
Saallicht 400 restlos begeisterte Zuhörer rüde in die Gegenwart zurückgerissen.
Hinter sich hatten sie eine fast vierstündige Reise in die Vergangenheit.
In eine Vergangenheit, in der Musik noch nach Rebellion schmeckte. Und nach
der Verheißung, dass die Welt ein klein wenig besser wird. Das war naiv,
aber auch schön. Und schließlich waren alle noch so jung
.Perfekt eingespielt
Die EAL ließ sie wieder aufleben, die Zeit, in der die Rolling Stones
groß wurden und Bob Dylan an die Himmelstür klopfte; in der die Beatles
zwar nie im Beat Club auftraten, aber für Massenhysterie sorgten,
in der Casey Jones den Soundtrack für die Raupenbahn lieferte und Roy Orbison
seine Pretty Woman besang. Bei Wild thing wurden alle
in der Jahnhalle zu ganz wilden Dingern, bei Nights in white Satin
interpretiert mit Joana Brückner an der Querflöte rückten
sie enger zusammen und schwelgten in Erinnerungen. Erinnerungen an den ersten
Kuss vielleicht oder zumindest die Hoffnung darauf, egal.In der randvollen Jahnhalle
tummelten sich naturgemäß vor allem ältere Semester. Doch die
wurden umgehend wieder zu Teenagern. Hundertprozentig, schwärmte
in der Pause ein Mittfünfziger, ich fühl mich wie durch
einen Jungbrunnen gezogen. So erging es wohl den meisten in der Jahnhalle
womit das glückliche Grinsen erklärt wäre, das vielen
den gesamten Abend über im Gesicht stand.
Die EAL empfahl sich einmal mehr als eine perfekt eingespielte Band und rockte
sich souverän durch das über 40 Titel umfassende Sixties-Repertoire.
Alles klappte wie am Schnürchen, wobei man den Musikern den Spaß
anmerkte, den sie selbst bei dieser Show hatten. Sänger Helmut Dietrich
war als Frontmann in seinem Element und genoss sichtlich das Rampenlicht, räumte
aber bereitwillig das Feld, wenn ein Stück eine Frauenstimme erforderte.
Für diese Parts erhielt die EAL Unterstützung von Esther de Gehrke,
die sonst bei der Bremerhavener Formation Soldiers Return singt. Wenn
es noch eines i-Tüpfelchens bedurfte, um die Jahnhalle endgültig außer
Rand und Band geraten zu lassen, dann lieferte es Ester de Gehrke.
Die Band hatte die Setlist schon restlos abgearbeitet, da forderte das Publikum
immer noch Zugaben. Also wurden einfach ein paar Titel wiederholt. Es ging auf
Mitternacht zu, als die EAL sich endgültig von einer seligen Fangemeinde
verabschiedete. Tja, damals, das waren noch Zeiten. Aber irgendwie erwies es
sich auch als Vorteil, dass man nun doch schon ein paar Tage älter ist.
Früher hätte man so lange gar nicht aufbleiben dürfen...