KZW, 31.5.69
Godfather's mit neuem Sound
Nordenhamer Gymnasiast spielt Orgel Nur noch Blues
Da gibt es Leute, die behaupten, daß ein Popmusiker unbedingt aus der
Großstadt kommen muß. Das ist wohl nicht ganz richtig. Ein Nordenhamer
jedenfalls hat es geschafft, die erste Sprosse der Pop-Leiter zu erklimmen:
Er heißt Michael Kobs (17), drückt in Nordenham die Schulbank und
ist so um sieben Ecken" zu den Bremerhavenern gestoßen:
Die Bremerhavener Gruppe, die seit Ende 1967 besteht, gastierte Ostersonntag
erstmalig in Nordenham, im großen Saal der Friedeburg", zusammen
mit den German Bonds und Just Us. Michael, der damals noch gelegentlich mit
einigen Schulkameraden im Nordenhamer Jugendheim Pop-Musik spielte, benutzte
an diesem dance-69-Abend eine Spielpause der Godfathers dazu, mit dem Boß
der Band, Peter Thermer, über eine Blues-Session zu verhandeln, an der
die Bremerhavener Gevattern" (so werden sie oft genannt) sowie Michaels
Band teilnehmen sollten. Dabei erfuhr Peter, daß Michael Orgel spielt.
Schnell waren auch die drei übrigen Heiligen" zur Stelle und
man machte unserem Freund den Vorschlag, doch einmal vorzuspielen, da man an
einem Organisten interessiert war.
Und er spielte vor! Er übertraf sich selbst und ist seit einigen Wochen
festes Mitglied von Godfather's Bluesband. Inzwischen gaben die Fünf schon
mehrere Gastspiele in Bremerhaven und Umgebung. Außerdem kann die
Bluesband des Heiligen Vaters" sehr stolz sein auf sieben Gastspiele
im Bremerhavener Vorort Weddewarden. Die dort im Staging Area" stationierten
Amerikaner waren nämlich angenehm überrascht, daß eine deutsche
Gruppe so ausgezeichnet Blues spielen kann und hielten es immerhin für
nötig, die Bluesband auf Big-Parties" spielen zu lassen: Einen
weiteren schönen Erfolg konnten unsere Blues-Leute vor zwei Wochen im Bremerhavener
Haus der Jugend" verbuchen. Hierzu ein Auszug aus der Nordsee-Zeitung":
Godfather's Bluesband" hatte mit steigender Popularität wieder
einen bombigen Tag erwischt, holte die Fans zum Durchschütteln au! die
Tanzfläche und ließ sie dann für 20 Minuten stehen. So lange
klang ein Titel, den die »Gevattern" beim Patentamt einreichen sollten.
Heiße Soli auf zwei Gitarren, wilde Trips auf der Mundharmonika ließen
Blueskenner, erstarren. Fazit des Abends: Es scheint in Bremerhaven auch ohne
enttäuschende Easybeats" zu laufen.
Dieses Lob scheint auch mir völlig gerechtfertigt, denn abgesehen davon,
daß die Gruppe ihre" Musikart erstklassig spielt, verdienen
die Fünf ein weiteres, größeres Lob: Als ich sie nämlich
fragte, ob sie auch, ähnlich wie Just Us oder Competition, große
Hits spielen oder neu arrangieren, bekam ich eine böse Abfuhr".
Die einstimmige Antwort lautete nämlich: Wir halten den Blues für
die Musikart. Etwas anderes gibt es für uns nicht."
Sicherlich werden jetzt die Bums - Beat - Fans" wettern, aber seien
wir doch mal ganz ehrlich: schon lange nicht mehr wurde soviel vom Blues gesprochen,
wie in den letzten zwei Jahren, beispielsweise im Zusammenhang mit Muddy Waters,
John Mayall oder Jimi Hendrix, um nur drei Namen zu nennen. Godfather's Bluesband
liegt also goldrichtig.
Achtung, Blues-Fans: Godfather's Bluesband wird im Juni in der Nordenhamer Strandhalle
gastieren. Somit wird den Nordenhamer Fans Gelegenheit gegeben, sich davon zu
überzeugen, daß die Band wirklich Klasse ist, vor allen Dingen aber,
wie schnell es Michael Kobs gelungen ist, sich auf den Sound der Godfather's
einzustellen. PETER
Michael Kobs spielte von 1972 bis 74 in der recht bekannten Bremer Rockband Thirsty Moon, die in den letzten Jahren anscheinend wiederbelebt wird. Jedenfalls hat sie eine eigene Homepage.