KZW, 15.1.80
Beim Heavy-Rock tobte auch der letzte Muffel
Ein Ruf wie Donnerhall: Wir wollen mehr
Nordenham. Sechs
Stunden lang erbebte am Sonntag die Friedeburg unter den Klängen des großen
Rockfestivals. Rund tausend begeisterte Besucher lieferten den Beweis, daß
das Nordenhamer Kulturamt mit dieser Veranstaltung in eine riesige Marktlücke
gestoßen war, die noch lange nicht gefüllt ist. Auf Anregung von
Ansager Willy Bollenberg legten die Zuhörer eine Schweigeminute ein und
verliehen anschließend mit einem tausendstimmigen Ja-Ruf ihrer Forderung
nach mehr derartigen Konzerten Ausdruck.
Alles was in der Nordenhamer Rockszene Rand und Namen hat oder sich erwerben
will, war dem Ruf von Kulturamtsleiter Werner Ohlemacher und der Lusienhoflehrer
Alfred Ferenz und Harald Otto gefolgt und zeigte am Sonntag sein Können.
Skylab, die Lehrerband Tintenkiller, Bad Habit, Skylark, Euphrat, Hansi Marx
und Lilac Incense boten sechs Stunden lang nicht nur eine eindrucksvolle Musikshow,
sondern zeigten auch einen klanvollen Querschnitt durch die Nordenhamer Rockmusik.
Bereits eine Stunde vor dem offiziellen Beginn standen die Zuschauer Schlange.
Von sechs bis 60 reichte die Altersspanne der Besucher, die im Laufe des Konzerts
mit zum teil frenetischem Beifall ihrer Begeisterung Ausdruck verliehen. Musikalische
Leckerbissen hatten die Musiker allemal zu bieten. Selbst die Newcomer von Skylab,
die erst seit einem Jahr zusammen sind und ihren meist selbstgestrickten Rock
spielten, boten bereits eine reife Leistung.
Mit großer Perfektion absolvierten die Lehrerband und Euphrat ihre Auftritte.
Die Tintenkiller vom Luisenhof, die in wechselnder Besetzung schon fünf
Jahre Musik machen, brachten vom Swing bis zum Latin-Rock im Santana-Stil alles
zu Gehör, was seit den 60er Jahren in der Pop-Szene populär war.
Mehr für Kenner und Liebhaber waren die eigenwilligen Jazz-Rock-Rhythmen
von Euphrat, die ebenfalls seit fünf Jahren dabei sind, wenn es in Nordenham
um gute Musik geht. Doch auch für sie gab es reichlich Beifall in der überfüllten
Friedeburg. Den mit Abstand besten Gesang brachte Skylark: Die mehr soften Klänge
dieser Band, die durch die teilweise lyrischen Texte und die abwechslungsreiche
Stimme von Hartmut Buck perfekt ergänzt wurden, fanden bei den jugendlichen
Fans viel Anklang.
Wie heiß die Stimmung im Saal wurde, dokumentiert die gemeinsame Schweigeminute,
der ein Ruf wie Donnerhall folgte, öfter derartige Konzerte auf die beine
zu stellen. das ausverkaufte Haus und die Begeisterung der Jugendlichen mögen
den Verantwortlichen ein gewichtiger Anstoß sein, weiterhin aktiv zu sein.
So richtig zum Kochen brachten den Saal allerdings erst Schlechte manieren,
wie die singemäße Übersetzung von bad Habit lautet. nach der
Vorarbeit von Hansi Marx, der mit seiner Elektrogitarre die Fans schon fast
bis auf die Bühne gebracht hatte, flippten die Jugendlichen bei dem schweren
Heavy-Rock der drei Bandmitglieder vollkommen aus. Nur mit Mühe konnte
die Bühne freigehalten werden. Über eine Stunde lang schrien und trampelten
die Besucher vor Begeisterung.
Ein kleiner Wermutstropfen fiel zum Schluß in dieses Glas der überschäumenden
Freude. Lilac Incense gab an diesem Tag sein Abschiedskonzert. Das hinderte
die Fans jedoch nicht daran, auch diesmal aus dem Häuschen zu geraten.
Ebenfalls über eine Stunde lang mußten Andreas Plump, Gitarre, Ralf
Wübenhorst, Gitarre, Mathias Strupowsky, Gitarre (wohl
eher Bass) und Volker Hofschildt Schlagzeug, alles geben, um die Jugendlichen
zufrieden zu stellen. Mit ihrer rockigen Abschlußshow setzten sie zugleich
einen gelungenen Schlußpunkt unter diesen Abend. Lediglich der wohl jüngste
Besucher zeigte sich etwas gelangweilt. Tobias (6) fand die Musik schlicht "witzig".