KZW, 16.6.1997

Gut besuchtes Benefizkonzert Gut besuchtes Benefizkonzert „War doch eine Selbstverständlichkeit"
Gut besuchtes Benefizkonzert für Jan Gagelmann - Nun fehlen nur noch 350 Mark
Von Dodo Spark
„Die Eintrittsgelder alleine reichen nicht, wir lassen jetzt den Hut rumgehen." Zu diesem Zeitpunkt, der Sonntag war schon angebrochen, hielten sich noch rund 30 der insgesamt 160 zahlenden Besucher des Benefizkonzertes für Jan Gagelmann in der Jahnhalle auf und fügten dem 500-Mark-Reinerlös aus den Eintrittsgeldern noch einmal 150 Mark hinzu.
Ellenbogenmentalität, Egoismus, kein Registrieren der Not des Nachbarn? Es gibt tatsächlich viele Hinweise für zunehmende soziale Kälte. Doch erfreulicherweise bietet die Wirklichkeit mehr, als manch pessimistischer Kritiker wahrzunehmen vermeint. Wie wäre es sonst denkbar, daß sich 19 Mitglieder von vier Bands spontan bereit erklären, zugunsten eines Mitbürgers, der unsanft
und nachhaltig durch die Maschen des sozialen Netzes gerutscht ist, ein Benefiz-Konzert zu organisieren.
Wie berichtet, benötigt der Schwerbehinderte und arbeitslose Jan Gagelmann ein neues Spczialfahrrad. Da weder die AOK bereit ist, die Kosten von gut 3400 Mark zu übernehmen, noch das Landessozialgcricht zu seinen Gunsten entschied, .haben in jüngster Vergangenheit etliche Mitbürger gespendet. Nach dem Konzert fehlten gestern abend noch 350 Mark.
Spontane Bereitschaft mitzumachen
Vor gut zwei Wochen kam Markus Gerdes von der Gruppe Blutbrot auf die Idee, seine Mitspieler und weitere Bands wegen eines Benefiz-Konzertes anzusprechen. Gefragt, getan. Der Verein Kulturkonzept kippte den eigenen Jahnhallentermin, und so konnte am Sonnabend die Punk- und Rock-Fete für einen guten Zweck mit den Gruppen Fumajor, Blutbrot, Coolidge und als Überraschungsgast, Medinox über die Bühne gehen.
Angesprochen auf die Motivation, machten Sönke Thöle, Christian Meyer, Rene Stenzel, Delf Schewe, Henning Manninga (Fumajor), Markus Gerdes, Detlef Bünsen, Eike Jansen, Olaf Kallenbach (Blutbrot), Olaf Deharde, Raphael Mahn. Thomas Lauschner, Carsten Scholz (Coolidge) und Björn Brödje, Kai-Uwe Debelts, Stefan Singer, Bernd Muttke, Dirk Hartmann und Michael Köster von Medinox überhaupt kein Gerede um ihr Engagement. „War doch eine Selbstverständlichkeit", lautete einer der Kommentare.
Mit der gleichen Spontanität und Freude, die die Auftritte der vier Gruppen prägt, brachten sie die Sache auf den Punkt: „Wir können helfen, also tun wir's!" Beim Konzert selber schwappte der Funke schnell über. Pogen und Mitsingen, Stimmung und Begeisterung pur, so soll's sein beim Punk und seinen musikalischen Anverwandten, und so war es auch. Ältere Mitbürger, die an diesem bemerkenswerten Abend die Chance gehabt hätten, durch ihre Unterstützung für Jan Gagelmann zugleich einen Einblick in die Musik der jüngeren Generation zu gewinnen, wurden kaum gesichtet.
Bei Jan Gagelmann selber mischten sich die Freude über die Hilfsbereitschaft so vieler, die - Stichwort Punk - häufig auf Ablehnung und Unverständnis treffen, und eine gewisse Befangenheit. So sehr im Mittelpunkt zu stehen, ist ihm doch merklich unangenehm. Nichtsdestotrotz war der Abend auch für ihn, wie er sagte, ein ganz besonderes Erlebnis.
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