KZW, 16.10.97

Ein paar Falten, nur selten ein Rock
Rockmusik als eine der schönsten Nebensachen der Welt - Frauenband bereitet Auftritt vor
Von Dodo Spark
Sonntag abends ist Frauentime im Thekenbereich der Jahnhalle. Um keinen falschen Eindruck aufkommen zu lassen: gemeint ist keine Versammlung zu frauenspezifischen Themen, auch an „feministische" -gibt es solche? - Getränke ist nicht gedacht. Sonntag abends treten Gi-anna Nannini, Ina Deter oder auch Tina Turner auf.
Langsam, langsam. Fans. „Live" könnt ihr sie erst wieder Anfang nächsten Jahres im Cafe im Takt erleben. Und um der Sensation gleich und endgültig entgegenzuwirken und zur angebrachten Ernsthaftigkeit zu finden, sei mitgeteilt, daß sich hinter den Stars fünf Frauen verbergen, die auf ihren nächsten Auftritt hinarbeiten.
Anfang 1995 ging alles los
Seit Anfang 1995 entwickelt die Band Faltenrock ihren ganz eigenen Stil. Man tritt Christine Sassen-Schreiber (Schlagzeug). Ina Korter (Baß. Gesang), Ute Extra (Keyboard. Saxophon. Gesang), Annemarie Nitschke-Nobel (E-Gitarre, Keyboard) und Bärbel Supper (E-Gitarre, Gesang) sicher nicht in unhöflicher Weise zu nahe, wenn man ihren Bandnamen mit dem Durchschnittsalter der Mitglieder in Verbindung bringt und natürlich mit der bevorzugten Musik.
Was sie aber wohl von allen anderen Nordenhamer Bands unterscheidet ist die Tatsache, daß die Musikerinnen ausgesprochene Späteinsteiger in vielfacher Hinsicht sind. Nicht nur, daß sie sich erst jenseits der 30 entschieden haben, Coverstücke und Eigenes einzustudieren, erschwerend, aber auch als besonderer Herausforderung, kam hinzu, daß die instrumentalen Voraussetzungen erst durch Workshops zum Tragen kamen. Christine Sassen-Schreiber kennt sich ein wenig mit Geige und Flöte aus, Ina Korter ist absolute Neueinsteigerin, Annemarie Nitschke-Nobel kann auf etwas Gitarrcnun-terricht zurückgreifen, Bärbel Supper spielte schon früher zusätzlich Klavier, und die einzige mit profunderen Vorbedingungen ist Ute Extra. Angefangen hat Faltenrock mit Stones- und ZZ-Top-Titeln. inzwischen haben sich die fünf Frauen ein Repertoire von zehn Stücken erarbeitet, viele technische Finessen erlernt und sich ein Programm angeeignet, das nicht ausschließlich aber schon betont Gewicht auf die Stücke starker Frauen des Pop und Rock legt. Dabei sind sie bestrebt, dem Gecoverten eine eigene Note zu geben.
Zu den Titeln gehört zum Beispiel „Killing me softly", „Schönheitsideal" von der Gruppe Unterrock, Ina Deters „Nur Liebe", „Come together" von den Beatles oder auch die Eigencreation „Miss Marple". Wer Sonntag abends an der Jahnhalle vorbeigeht oder wie der Berichterstatter in den Genuß eines Privatkonzertes kommt, muß den fünf Frauen jede Menge Power und erstaunliche musikalische Qualitäten attestieren.
Zu ihrem Bedauern fehlt ihnen eine Sängerin, die von der Stimme her mehr drauf hat. Daher ihr Wunsch, Frauen anzusprechen, die Lust haben, sich der Band anzuschließen und die meinen, daß ihr Stimmvolumen einer Gianna Nannini oder Tina Turner näher kommen könnte als das von Ina Korter oder Ute Extra - hoffen die beiden jedenfalls selbstkritisch.
Sollte es bis zum Februar 1998 nicht klappen, wird das Faltenrock aber auch nicht von einem Auftritt im Cafe im Takt abbringen. Denn Rockmusik ist eben eine der schönsten Nebensachen der Welt. Frei nach den Rolling Stones: „It's only Rock 'n' Roll, but we like it."