KZW, 2.11.99
Feuerwerk für die Augen und die Ohren
Heavy Metal auf hohem Niveau spielte die Gruppe Murder One mit dem Schlagzeuger Michael Ehré und Gitarrist Sven Lüdke aus Nordenham.
Von Christoph Kösling
Metal-Bands haben martialische Namen, sind schnell und unglaublich laut. Diesen
gängigen Klischees schloss sich Murder One beim Konzert in der Jahnhalle
größtenteils an, aber sie fügten dem Metal-Patentrezept eine
besonders feine Zutat hinzu: eine große Prise Virtuosität.
Dass statt der angekündigten Vorgruppe Rad Kick, die kurzfristig absagte,
die Hamburger Formation Storm Warrior spielte, störte die 150 Zuschauer
wenig. Die Sturmkrieger heizten dem Publikum sehr gut ein und bereiteten auf
ein Konzert vor, das bei dem nächsten Treffen der Fans sicherlich Gesprächsthema
Nummer eins sein wird.Noch spektakulärer als die technischen Fähigkeiten
der Musiker war die beeindruckende Bühnenshow. Jeder Titel wurde durch
aufgestellte Fernseher und eine Leinwand visuell untermalt, so dass dem Publikum
zeitweise von allen Seiten die beängstigend leuchtenden Augen der fünf
Schwermetaller entgegenfunkelten. A propos funktelten: in den Reihen der Murder
One Roadies findet sich sogar ein Feuerwerker. Und dass dieser nicht nur mit
der Band reist, um die schöne, weite Welt zu sehen, bewies er so eindrucksvoll
wie möglich. Keiner der Fans konnte sich daran erinnern, in der Jahnhalle
je so professionelle Pyroeffekte gesehen zu haben.Professionell war auch der
Sound der Heavy-Metal-Band. Dass Michael Ehré der ungekrönte Schlagzeugkönig
Nordenhams ist, dürfte weitläufig bekannt sein. Und auch Gitarrist
Sven Lüdke genießt einen ausgezeichneten Ruf. Der Nordenhamer Gitarrero
fand in Dennis Krüger einen ebenbürtigen Partner. Die Soloeskapaden
der beiden Griffbrettflitzer mündeten ein ums andere Mal in Unisono-Partien,
die selbst für das kundige Ohr schwer nachvollziehbar waren. Das lag aber
wohl nicht nur an den Fähigkeiten der beiden Gitarristen, sondern auch
daran, dass das kundige Ohr im Laufe des Konzertes dem entgeisterten Zuschauer
vom Kopf zu fallen drohte. Extreme Lautstärken gehören zwar bei Metal-Konzerten
zum guten Ton, der Lärmpegel lag aber teilweise doch zu nah an der Schmerzgrenze.Überzeugter
Mittäter der musikalischen Körperverletzung war Bassist Steve
Kerby aus Bremen. Glücklicherweise hob er sich deutlich vom leider üblichen
ich-spiele-vier-Noten-pro-Takt-und-bin-nicht-zu-hören-Strickmuster
vieler Metal-Bassisten ab. Zeitweise stellte man sich sogar die Frage, ob der
gute Mann einen Bass oder eine Gitarre in den Händen hält. Zum einen
hatte sein Instrument ebenfalls sechs Saiten, und zum anderen spielte er keinen
Deut langsamer als seine beiden Gitarrenkollegen.Der Fünfte im Bunde war
Sänger Frank Schütte aus Hude, der sich von anderen Metal-Sängern
nicht nur durch sein kurzgeschorenes Haar unterscheidet. Dass die Stimmen seiner
Gesangskollegen mitunter so tief ist, wie die Musik laut also sehr schien ihn
nicht zu interessieren. Seine Stimme kletterte bis in die höchsten Register,
und trotz einer leichten Erkältung sang er ausgezeichnet.Hoffentlich spielt
Murder One also bald wieder in Nordenham, und wenn das Pfeifen in den Ohren
nachgelassen hat, wird sicher jeder der Besucher wieder mit von der Partie sein.