Die Konstruktion eines elektronischen Schlagzeugs
Für ein aktuelles elektronisches Schlagzeug sind in der Regel mehrere
Kilomark fällig. Daß es auch ein wenig preiswerter geht, möchte
ich mit dieser Seite beweisen.
Elektronische Schlagzeuge -neudeutsch auch edrums genannt - spuken eigentlich
schon seit Jahrzehnten in meinem Kopf herum. 1972 fing es mit elektronischen
Bongos an, ein paar Jahre später kamen diese unsäglichen Drumsynthesizer
auf ("Piuuu - Piuuu"), von denen ein Exemplar auf dem tiefsten Grund
meiner Bastelkisten ruht, schließlich folgte um 1985 das erste ernstzunehmende
Konzept. Ein Billigmikrofon nahm den Schlag auf und spielte (anschlagdynamisch)
einen Sound ab, der in einem EPROM gespeichert war. Gegen Ende der 80er Jahre
kaufte ich ein Yamaha DD-12 und versah es mit Triggereingängen. Mit dieser
Geschichte haben wir in der Lehrerband ein wenig experimentiert, um auch mal
andere Sounds (z.B. eine Collins-typische Gate-Snare) zu bekommen, aber die
Triggerung erwies sich als zu wacklig. Vor ein paar Jahren begann ich dann,
ein eigenes System zu entwickeln, indem ich die Midi-Elektronik eines Selbstbau-Keyboards
modifizierte. Parallel dazu experimentierte ich mit verschiedenen Möglichkeiten,
Pads zu bauen. Irgendwann wurde relativ preisgünstig ein Alesis DM5 angeboten,
die eigene Elektronik war damit überflüssig geworden. Als Pads benutze
ich jetzt ein Übungskit von Musik-Produktiv, das ich mit Trigger versehen
habe.
Warum ein elektronisches Schlagzeug?
Keine Lärmemissionen
In meinem Übungsraum geht es weitgehend lautlos zu. Gitarren, Bass und
Keyboards werden konsequent über einen Line 6 POD (hauptsächlich)
sowie über H&K Tubeman und diverse Vorverstärker- und Effektteile
direkt in den Rechner gespielt. Da meine Soundkarte über acht Eingänge
verfügt, ist kein externes Mischpult erforderlich. Gehört wird mit
Funkkopfhörern. Zu diesem Konzept würde natürlich kein Akustik-Kit
passen.
Soundvielfalt
Das DM5 hat eine Fülle der verschiedensten Sounds. Wertvoller aber
sind die Midi-Daten, denn dann braucht man sich soundmäßig bei der
Aufnahme noch nicht festlegen. Mit den gewonnenen Midi-Daten können virtuelle
Drumsampler (LM4, LM9 usw.) angesteuert werden, die Soundvielfalt ist damit
unbegrenzt. Es gibt mittlerweile sehr aufwendige Samples. Die dickste Datei
ist bei mir keineswegs das obligatorische Steinway-Sample (25 MB), sondern ein
Drum-Kit mit 42 (!!)MB (klingt trotzdem nicht doll). Besonders drollig sind
auch die zahlreichen historischen Kits, die so in Umlauf sind. Die Zeitschrift
Keyboards veröffentlicht z.B. regelmäßig historische Drumcomputer
als LM4-Sets.
Aufnahmetechnik
Die Abnahme eines akustischen Sets ist eine Wissenschaft für sich, von
der ich eigentlich nicht viel verstehe. Ein großes Problem ist sicherlich
das Übersprechen zwischen den beteiligten Mikros. Hinzu kommt, daß
5 bis 6 Kanäle eines Mischpults belegt werden. Bei meiner Elektronenschießbude
brauche ich zwei, ich komme also mit meinen acht Eingängen bestens hin.
Die Nachteile eines elektronischen Schlagzeugs
Anschlagdynamik In den 80er Jahren waren edrums weitgehend verpönt, weil sie angeblich die Dynamik des Spiels nur unzulänglich wiedergeben. Es ist in der Tat so, daß ein Midisystem "nur" 127 Lautstärkestufen kennt. Um diese Stufen auch nur annähernd auszunutzen, ist sicherlich sehr viel Feinarbeit an der Positionierung der Trigger, an den Pegeln der Triggereingänge und an den Velocity-Kennlinien erforderlich. Nun hat Dynamik nicht nur eine Lautstärke-, sondern auch eine Zeitkomponente, sonst könnte man Instrumente mit Einheitslautstärke wie zum Beispiel Orgel gar nicht dynamisch spielen. In vielen Musikbereichen ist Dynamik auch völlig out. Mastering-Studios setzen alles daran, daß eine Produktion möglichst laut - und zwar einheitlich laut- klingt.
Fehltrigger
Mitunter kommt es bei edrums zu ungewollten Fehltrigger. Durch spezielle Einstellungen
kann man dem entgegenwirken, indem man die Triggereinheit so programmiert, daß
erst ab einer bestimmten Lautstärke überhaupt getriggert wird. Das
geht natürlich auf den Dynamikumfang. Besonders groß ist die Gefahr
beim Triggern mit "echten" Schlagzeugen (z.B., wenn sich der Schlegel
der Basedrum wieder vom Fell löst) oder beim Zusammenspiel, wenn der Bassist
ungewollt Trigger auslöst. Der Bassist ist also der natürliche Feind
des edrummers.
Crosstalking
Haue ich auf das Snare-Pad, so kann es bei schlecht eingestellten Systemen vorkommen,
daß beispielweise ein Tom-Sound leise mitklingt, weil der entsprechende
Trigger mit auslöst. Eine Gegenmaßnahme kann das Herabsetzen der
Empfindlichkeit sein, wichtiger ist aber eine akustische Entkopplung
der einzelnen Pads. Dies ist auch das wichtigste Thema bei einer Eigenkonstruktion.
Nun zum Selbstbau
Trigger
Die sind das billigste bei einer Eigenkonstruktion. Zum Einsatz kommen Piezo-Schallwandler, die vermutlich milliardenfach in elektronischen Geräten verbaut werden und für den Pieps verantwortlich sind. Oft gibt es die Piezos im Restposten bei Elektronikhäusern wie Pollin oder Conrad und kosten zwischen 20 Pfennig und zwei Mark. (warum für einen Satz kommerzieller Trigger bis zu 600 Mark verlangt werden, ist mir ein Rätsel). Man sollte darauf achten, daß sie bereits mit Anschlußdrähten versehen sind, Piezos zu löten, ist nämlich eine frustrierende Erfahrung.
- Fortsetzung folgt -
Hier eine Linkliste zum Thema:
Building Home-made Drum Triggers | |
Drum-All-Over | Ein Schlagzeug zum Anziehen! |
The Plaid Jacket-Based MIDI Controller | Dasselbe Thema - etwas rustikaler ausgeführt. Das Kreissägeblatt (als Becken?) muß man gesehen haben. |
Mike's PIC Microcontroller based Midi kick pedal | Lösung eines technischen Details |
DIY Edrum Method: Wiring a practice pad kit | Eigentlich die gleiche Vorgehensweise wie bei mir |
The MIDI Drum Machine | Für mich ist das die Seite! Hätte ich die Bauanleitung vor ein paar Jahren gekannt, hätte ich mir vielleicht das Alesis-Teil nie angeschafft. |
Midi Brain | Interessante Lösung, um Anschlagdynamik umzusetzen. |
Testbericht Visulite | Über Triggerbecken aus buntem Plexiglas. Was es alles gibt! |
Drum Pad | von einem Typen, der große Keyboards und Drum Pads für die Sesamstraße gebaut hat. |